FRCI-Soldaten in der Stadt Dabou nach dem Angriff
Was ist in der Elfenbeinküste los? Seit ungefähr zwei Wochen werden bestimmte millitäre Ziele angegriffen. Es gab schon mehrere Tote bei den FRCI, wobei der tödlichsten dieser Angriffe am Vortag der Unabhängigkeitsfeier der Elfenbeinküste (7. August) stattfand.
Die Serie reißt bisher leider nicht ab.
Die Aussage von Innenminister Hamed Bakayoko vor einiger Zeit, dass das Land wieder sicher sei, scheint eher ein frommer Wunsch zu sein als die Wirklichkeit. Diese Aussage, die dazu dienen sollte, die Investoren wieder ins Land zu locken, hat ihr Ziel verfehlt, da kein seriöser Mensch nach den wiederholten Angriffen sein Geld bei so einer instabilen Lage, in der Elfenbeinküste investieren würde.
Die Spannung ist plötzlich gestiegen seit dem 5. August. In der Nacht von 5. zum 6. August wurde ein Kommissariat von Yopougon (1) in Abidjan (die Wirtschaftliche Hauptstadt), angegriffen. Nachdem sie das Kommissariat verlassen hatten, haben die Angreifer ein Checkpoint der FRCI angegriffen, wo sie fünf Soldaten getötet haben. In der Nacht von 6. zum 7. August 2012 wiederholten sie ihre Angriffe. Diesmal wurde das größte Militärlager des Landes (Akouédo) angegriffen. Zwischen drei und fünf Uhr morgens wurde das Lager von Akouédo von bewaffneten Angreifern – die Rede ist von ungefähr 30 schwer bewaffneten — überfallen. Die Gefechte zwischen FRCI und Angreifer dauerten ungefähr zwei Stunden und sieben Menschen verloren ihr Leben. Sechs FRCI-Soldaten und einer der Angreifer. Aber das schlimmste für die Armee ist, dass das Munitionslager von den Angreifern geplündert worden ist. Die Rede ist von drei vollen LKWs, die von ihren Gegnern mitgenommen worden sind. Seitdem gehen die Attacken quer durch das Land. Immer wieder werden Lager von den FRCI angegriffen, und Waffen mitgenommen. In der Nacht vom 7. zum 8. August wurde einen Checkpoint in der Nähe von Agboville – 80 Km nordlich von Abidjan—angegriffen. Mehrere Militäre wurden verletzt. Ob es Tote gab ist nicht bekannt, da die Meldung , es gäbe welche, von der Regierung dementiert worden ist. In der Nacht von 12. zum 13. wurde ein Grenzposten der Elfenbeinküste zu Liberia angegriffen.
Am 16. August wurde die Stadt Dabou (50 km von Abidjan) angegriffen: das Kommissariat, das Militärlager, die Gendarmerie und das Gefängnis wurden überfallen. Alle Gefangenen wurden frei gelassen und 5 Menschen getötet. Die Tage danach wurden die Städte Grand Lahou, San Pédro und Tai auch Ziel der Angriffe.
Bisher wird über die Identität der Angreifer nur spekuliert. Lediglich die Regierung hat direkt am Tag nach dem ersten Angriff die Anhänger vom vorherigen Präsident Laurent Gbagbo beschuldigt, hinter diesem Angriff zu stehen. Der Innenminister hatte damals selbst diese Schuldzuweisung im national Fernsehen getätigt. Seitdem die Angriffe sich vermehrt haben und überall im Land stattfinden ist er auch verstummt. Er ist normalerweise sehr bekannt für seine aufsehenerregenden Aussagen. Die Vertreter des FPI(2), Laurent Gbagbos Partei haben diese Anschuldigung zurückgewiesen. Sie haben eine Pressekonferenz gegeben, wo sie sich von jeder Schuld frei gesprochen haben. Auch wenn der Innenminister Gbagbos nahe Leute als Schuldige nennt, viele Menschen vermuten die Angreifer auch in ihren eingenen Reihen. In der Tat tobt ein unterschwelliger Krieg in den Reihen der FRCI. Deswegen wird eine Racheakt von einem Teil von ihnen nicht ausgeschlossen.
Vor der Krise waren die meisten FRCI einfach Zivilisten. Sie wurden Ende 2010, nach der Wahl angheuert um die schon bestehende Rebellenarmee zu unterstützen, Laurent Gbagbo von der Macht zu drängen. Diese Männer haben dann, Familie und Berufe – für die, die dies hatten – oder ihre Felder für die Bauern, aufgegeben um der Rebellion beizutreten. Um viele zu überzeugen, hatte man ihnen fünf Millionen CFA Francs (ein bißchen mehr als 7600 Euro) versprochen. Es wurde ihnen auch eine Übernahme in der Armee in Aussicht gestellt. Aber nach dem Machtwechsel wurden sehr wenige von ihnen tatsächlich in den Dienst der Armee genommen. Erstens, weil sie zu zahlreich sind, und zweitens, weil ein großer Teil davon Analphabeten sind. Und noch dazu kommt, dass sie keinen Pfennig bekommen haben. Das ist einer der Gründe des Leidens der Bevölkerung unter der FRCI. Fallen gelassen von ihren einstigen „Arbeitgebern“ und weit weg von ihrer Heimat, haben sie ihre einzige Chance darin gesehen, die Bevölkerung zu überfallen, zu enteignen, mit Geld zu erpressen u.s.w. Da sie nicht zimperlich vorgegangen sind, sind viele Menschen durch sie getötet worden. Diese Situation hat die Regierung dazu veranlasst ihnen ein Ultimatum zu stellen. Sie sollten verschwinden sonst würde man sie festnehmen. Sie werden also verjagt, anstatt dieses Geld zu bekommen, das man ihnen versprochen hat. Eine Militärpolizei würde extra gegründet um sie zu vertreiben. Seitdem herrscht ein „Krieg“ zwischen den ehemaligen Verbündeten. Deswegen besteht die Möglichkeit, dass die FRCI auch an diesen diversen Attacken beteiligt sind.
Eine bisher unbekannte Gruppe hat sich auch zu den Attacken bekannt. Sie haben ein Video zu verschiedenen Zeitungen und Internetseiten geschickt. Sie nennen sich „“Révolution Populaire Ivoirienne“ „ivorische Volksrevolution “ Sie bekennen sich zu den verschieden Attacken, und erklären als Ziel Alassane Ouattaras Sturz.
Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ehemalige Mitglieder der früheren Armee FDS(3) an den Angriffen beteiligt sind. Seit der Machtübernahme von Alassane Ouattara wurden die ehemaligen Militär, Polizisten, Gandarme, die Seestreitkraft etc.. entwaffnet. Die Regierung vertraut ihnen nicht, weil sie einst an der Seite von Laurent Gbagbo gegen sie gekämpft haben.Viele sind deswegen im Gefängnis gelandet, während ein anderer Teil davon im Exil lebt, um einer Gefangenschaft zu entkommen. Den, die noch geblieben sind, wurden die Waffen abgenommen, und sie müssen unter der Führung der FRCI, die eigentliche keine Ausbildung haben, arbeiten .
Ein Zusammenkommen der verschiedenen Gruppen: FRCI, ehemalige FDS, Milizsoldaten etc… ist auch denkbar, da alle das gleiche Ziel haben, nämlich Alassane Ouattara zu stürzen. Sie konnten sich zusammen getan haben, um diese Angriffe zu organisieren
Im Moment tappen alle im Dunkeln, was die Identität der Angreifer angeht.
Also, wer auch geglaubt hatte, dass mit dem Sturz von Laurent Gbagbo und dem Machtwechsel Ruhe in die Elfenbeinküste kehren würde, hat seit den letzten Wochen seine Illusionen verloren. Den es gibt fast keinen Tag, ohne dass irgendwo im Land eine Attacke gemeldet wird, und die Spannung wächst jeden Tag mehr.
(1) Yopougon ist das größte Viertel von Abidjan, die wirtschaftliche Hauptstadt und die größte Stadt der Elfenbeinküste.
(2) FPI Front Populaire Ivoirien ist die Partei von Laurent Gbagbo
(3) FDS Forces de Défense et de Sécurité : waren die reguläre Armee vor Alassane Ouattara Machtübernahme
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